Königin aller Heilpflanzen
Die Brennnessel liebt die Nähe des Menschen, doch die meisten Menschen meiden die Brennnessel. Die widerstandsfähige Nesselpflanze bevorzugt stickstoffreiche Böden und stammt aus der Familie der Brennnesselgewächse. Diese besteht hierzulande aus der großen (Urtica dioica) und der kleinen Brennnessel (Urtica urens). Aus den Fasern der Brennnessel stellte man im Mittelalter Stoffe für Kleidung und Segel sowie Seile, Taue und Netze her. Aktuell gewinnt die Brennnessel für die vegane Stoffherstellung wieder etwas an Bedeutung.
Sie ist nicht gerade die beliebteste Pflanze aber wer es versteht mit Ihr umzugehen, profitiert in vielerlei Hinsicht. Die bis zu 20 Jahre alt werdende Königin unter den Heilpflanzen ist feurig, schön und sehr mächtig. Neben ihrer Heilkraft kann man sie gut mit in den Speiseplan aufnehmen oder benutzt sie als „Energie Drink“ im Smoothie. Schlaue Gärtner wissen um ihre Düngekraft, um besonders Starkzehrer wie Kohl und Tomaten zu nähren. Auch die Tierwelt profitiert von Ihrer Macht. Für ca. 40 unserer Tag- und Nachtfalterarten spielt die große Brennnessel eine bedeutsame Rolle. Ihre Nachkommen ernähren sich vorwiegend von der eisenreichen Pflanze. Die kleingeschnittenen Blätter dienen für frischgeschlüpfte Küken als „Kükenstarter“. Bei Pferden wurde sie früher als „Verjüngung- und Poliermittel“ verfüttert, dadurch bekam das Fell einen geschmeidigen Glanz.
Junge, zarte Blätter kann man schon ab März sammeln, im Mai ist der Nährwert am höchsten. Samen erntet man ab August und die Wurzeln ab Frühjahr bis Herbst. Die Wurzeln wirken Prostatastärkend. Aber Vorsicht! Berührt man sie, dann sticht, beißt und brennt sie. Urtica, der lateinische Gattungsname, bedeutet genau das: „die Brennende“. „Dioica“ heißt übersetzt zweihäusig. Mit ihrem wehrhaften Wesen steht sie in der Signaturenlehre für Willenskraft und Abgrenzung. Die sogenannten Brennhaare, bestehen aus Röhren, die an der Spitze durch eingelagerte Kieselsäure spröde wie Glas sind. In der Röhre befindet sich Flüssigkeit, u.a. Histamin und Ameisensäure. Berührt man die Blätter oder Stängel, bricht die spröde Spitze ab – Injektionsnadeln ähnlich – und sticht in die Haut. Diese Brennflüssigkeit verursacht auf der Haut brennende Schmerzen, Juckreiz und Quaddeln. Um die jungen Triebblätter zu ernten, sollte man herzhaft zupacken, dann brechen die Brennhaare ab und können nicht mehr stechen. Handschuhe erleichtern ebenfalls das Sammeln. Aus den getrockneten oder frischen Blättern können Tees hergestellt werden, die die Nierenfunktion und den gesamten Stoffwechsel anregen. In der Neunkräutersuppe, die jedes Frühjahr unsere Lebensgeister weckt, sollte die Brennnessel ebenfalls nicht fehlen. Für Menschen, die an einer Blutarmut (Anämie) leiden ist die Brennnessel mit ihrem hohen Eisengehalt ein sinnvolles Nahrungsergänzungsmittel. Werden die Blätter roh verwendet, können sie mit einem Nudelholz bearbeitet werden, um die Brennhaare zu brechen. Die Brennnesselblätter sind ein ausgezeichneter Spinatersatz oder wer es kross mag, frittiert die in Bierteig getauchten Blätter in heißem Öl. Knödel, Eierspeisen, Risotto oder Lasagne können mit Brennnesselblättern aufgewertet werden.
Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Bei weiblichen Pflanzen wachsen Rispen mit grünen unscheinbaren Blüten, die sich in dreikantigen Nüssfrüchten (Samen) verwandeln. Diese Nüsschen enthalten wertvolle Mineralien, Vitamine und Eiweiße, die bei allgemeiner Müdigkeit, Erschöpfung und Leistungsschwäche eingesetzt werden können. Zudem sind sie reich an Phytohormonen, die auf das gesamte Hormonsystem wirken. Vitalität, Kraft, die Liebeslust und die Potenz profitieren davon. Die männlichen Pflanzen besitzen unscheinbare, kugelige, hellgrüne Blüten. Aus ihnen entwickeln sich keine Früchte. Zum Bestäuben bedient sich die Pflanze des Windes: die reifen Pollenkapseln platzen fast gleichzeitig auf, die Wolken des Pollenstaubs gehören zu den spektakulären Beobachtungen im Pflanzenreich. Wie gesund die Pflanze ist, sieht man schon an dem dunkelgrünen Blättern, die viel Chlorophyll und Eisen enthalten. Außerdem kann sie mit Magnesium, Kalium, Calcium, Vitaminen A, C und E punkten. Dazu kommen noch hochwertige Fettsäuren, Schleimstoffe, Gerbstoffe und Carotinoide. Es lohnt sich eine Königin im Garten zu haben, man muss sie nur schätzen und lieben lernen.